Wer sich für die Welt des Showbusiness interessiert, stößt unweigerlich auf den Namen Friedrichstadt-Palast in Berlin, von Insidern liebevoll nur „der Palast“ genannt.
Das größte Revuetheater der Welt blickt auf eine über 100-jährige, bewegte Geschichte zurück



Die traditionsreiche Institution entwickelte sich über die Jahrzehnte stetig weiter:
- 1868: Errichtung als Markthalle und Waffenarsenal (Am Zirkus 1)
- 1873: Umbau zum festen Zirkusgebäude
- 1918: Revue- und Lustspieltheater unter Max Reinhardt
- 1934: Operettentheater
- 1945: Varieté- und Revuetheater unter Leitung der Zauberkünstlerin Marion Spandoni
- 1947: Verstaatlichung und Umbenennung in Friedrichstadt-Palast
- 1980: Schließung aufgrund statischer Probleme durch Absenkungen
- 1984: Einweihung des neuen Palastgebäudes in der Friedrichstraße 107 – nur 200 Meter vom historischen Standort entfernt
- 1985: Abriss des alten Friedrichstadt-Palasts
- 1989: Der Mauerfall verändert die Stadt und auch den Palast



Der heutige Friedrichstadt-Palast steht weltweit für aufwendige, opulente Grand Shows wie FALLING | IN LOVEoder BLINDED by DELIGHT. Diese Produktionen beinhalten regelmäßig beeindruckende Illusionen oder magische Effekte – eingebettet ins Gesamtkonzept, jedoch nicht in klassischer Zauberkunst-Manier, wie man es von Magiern gewohnt ist.
In der langen Geschichte des Palastes fanden jedoch immer wieder große Zauberkünstler den Weg auf die Bühne – darunter Legenden wie:
- Carter the Great (USA)
- Alois Kassner (D)
- Graf von Haslingen & Cora (D)
- Sino (D)
- Fredo Raxon (D)
- Jochen Zmeck (D)
- Dr. Peter Kersten (D)
- Wolfgang Scheuer (Kalanag-Show) (D)
- Arutjun Akopjan (UdSSR)
- Peter Valance (D)
- Hans Moretti (D)
Auch die jüngste Vergangenheit zeigt: Die Magie lebt weiter im Friedrichstadt-Palast. So wurde die Geschichte des Hauses in einer aufwendig produzierten, zwölfteiligen TV-Serie dramatisch erzählt. In der zweiten Staffel prägte Schauspieler Lukas Brandl eine der Hauptrollen. Brandl, selbst deutscher Meister der Zauberkunst, begeistert mit einer modernen Kombination aus Tanz, Jonglage und Zauberei.
In der aktuellen Produktion FALLING | IN LOVE tritt erneut ein Magier in Erscheinung, der in der Szene bestens bekannt ist: Magic Consultant Nils Bennett aus Stuttgart war für die tricktechnische Umsetzung in der Eröffnungsszene verantwortlich. Dort schwebt, scheinbar schwerelos, eine Feder über die Bühne – ein faszinierender Moment.



Apropos Schweben: Auch die Darsteller selbst „fliegen“ bei dieser Show über die Bühne. Dabei kommen bewusst klassische Schwebetechniken aus der Theaterwelt zum Einsatz, bei denen die Aufhängungen sichtbar bleiben. Dennoch wirkt die Inszenierung durch Licht, Musik und Timing äußerst magisch.
Die Story von FALLING | IN LOVE ist ebenso aktuell wie berührend: Statt sich gesellschaftlichen Zwängen zu unterwerfen, steht das Stück für Freiheit, Toleranz und Akzeptanz. Ein klares Plädoyer für ein selbstbestimmtes Leben.
Herausragende Artistik ist ebenfalls fester Bestandteil der Show:
- Das Quartett White Gothic liefert unter der Regie von Victor Nebrat eine kraftvolle, spektakuläre Performance.
- Die ehemalige Spitzensportlerin, Cirque-du-Soleil-Künstlerin und Choreografin Edesia Morena Barata inszeniert mit internationalen Spitzenartisten eine atemberaubende Mischung aus Trapezkunst und Trampolin-Show.


Diese Einlagen gehören zu den gefeierten Höhepunkten des Abends.
Natürlich dürfen die berühmten Tänzerinnen und Tänzer des Friedrichstadt-Palastes nicht fehlen. Die legendäre Girl-Reihe mit perfekt synchronen Choreografien sorgt jedes Mal für frenetischen Applaus. Besonders beeindruckend: Die schwarz-weiße Tanzsequenz – stilistisch ein absolutes Highlight.

Die gesamte Show ist ein Feuerwerk aus Farben, Musik, Tanz und Technik. Spektakuläre Bühnenbilder, ein Wasserfall auf der Bühne und das legendäre Wasserbassin eröffnen immer neue, kreative Möglichkeiten für die Inszenierung.


Kein Geringerer als Stardesigner Jean Paul Gaultier war an der Ausstattung beteiligt. Über eine Tonne Swarovski-Kristalle funkeln an Kostümen und Kulissen – ein optisches Spektakel, das emotional berührt.
Die Produktion, in die über 14 Millionen Euro investiert wurden, lief von 2023 bis zum 5. Juli 2025. Ich selbst hatte das Glück, noch Restkarten für die vorletzte Vorstellung zu ergattern.
Solch aufwendig inszenierte Shows sind sicherlich nicht jedermanns Geschmack. Doch das begeisterte Publikum im ausverkauften Palast dankte es mit minutenlangen Standing Ovations und verließ den Saal mit einem Lächeln. Die Botschaft der Show – Toleranz, Akzeptanz und Lebensfreude – schwingt unübersehbar mit.
Und Hand aufs Herz: Kann daran wirklich etwas falsch sein?
Kleine Ergänzung:
Aus dem Friedrichstadtpalast Berlin wurde regelmäßig die damals im Ostfernsehen wohl beliebteste Samstagabendshow „Ein Kessel Buntes“ übertragen, die auch im sowjetischen und tschechoslowakischen Fernsehen gezeigt wurde. Diese Show war ein absoluter Straßenfeger. Das bombastische Showspektakel wollte jeder sehen!