Beurteilungen sind subjektiv. Wir haben daher die Reviews von zwei international externen FISM erfahrenen Reviewer übersetzt und zusammengefasst. Schauen Sie selbst, wie die beiden hier beurteilt haben und wie weit sie von den Urteilen der Jury abgewichen sind:
FISM 2025 – Wettbewerbe im Überblick
Redaktioneller Rückblick auf herausragende Darbietungen in allen Sparten
(Basierend auf den Reviews von Tim Ellis und Graig Mitchell)
Stage / General Magic
Bereits am ersten Wettbewerbstag sorgte Nikolai Striebel (Deutschland) für die erste Standing Ovation des Kongresses. Zwei schwebende Papierflieger, die wie von Geisterhand über die Bühne glitten, bildeten das Herzstück einer poetischen und technisch raffinierten Darbietung. Graig Mitchell würdigte den visuellen Effekt, fragte jedoch, ob Papierflieger als Medium wirklich magisches Staunen erzeugen können. Tim Ellis lobte vor allem, dass Striebel als einer der ersten wirklich die Bühne nutzte und das Publikum aktiv einbezog.
FISM Wertung: 2. Platz Allgemeine Magie!
Mellow (Deutschland) kombinierte Live-Video, Tresorillusionen und eine eigens gestaltete FISM-Währung zu einer temporeichen Heist-Story. Besonders eindrucksvoll: das scheinbare Durchgreifen durch Glas und die spektakuläre Subtrunk-Verwandlung. Ellis nannte die Nummer „kreativ und publikumswirksam“, Mitchell sah darin einen modernen Beitrag im Stil von Now You See Me.
Raphael Macho (Österreich) wählte einen introspektiven Zugang: „A ball is a ball. A card is a card. A ball is a card.“ Mit absurden Objektverwandlungen und einem zerbrechlich wirkenden Charakter vermittelte er psychische Desorientierung als zentrales Thema. Ellis sprach von einem „One-Act-Play mit Magie“, Mitchell fand es „abstrakt und nicht jedermanns Sache“.
Lucas Kaminski (Deutschland) ließ Seifenblasen in einem Vogelkäfig schweben, heilte eine „kranke“ Blase durch magisches CPR und verwandelte sie schließlich in eine Wolke aus kleinen Bubbles. Die Nummer war originell und technisch makellos, wenn auch etwas langatmig inszeniert.
FISM Wertung: Kreativpreis Bühne, Preis für Erfindungen
Weniger überzeugend präsentierten sich Lukas Brandl (Deutschland), der mit Kontaktjonglage und Body-Double-Trick eher verwirrte als verzauberte, und Max Muto (Deutschland), dessen Erzählung über eine hölzerne Hand in einem orientalisch anmutenden Setting nicht über die visuelle Umsetzung hinausging. Das deutsche Publikum feierte Muto dennoch lautstark.
Stage / Manipulation
Maurice Grange (Deutschland) bewies mit nur 20 Jahren, dass Manipulation auch sprechen darf – und gewinnen kann. Seine Nummer verband persönliche Anekdoten mit technischer Finesse und trockenen Gags („Ich bin Manipulator … und habe trotzdem eine Freundin.“). Ellis war begeistert: „Wann hat man das letzte Mal das Gefühl gehabt, einen Manipulator wirklich kennenzulernen?“
Rafael Scholten (Schweiz) verband Tapdance mit klassischer Ball- und Kartenmanipulation. Leider waren viele Griffe sichtbar, die Präsentation blieb unter dem FISM-Niveau. „Fred Astaire hätte sich im Grab umgedreht“, kommentierte Mitchell trocken.
Stage / Mental Magic
Anca & Lucca (Österreich) präsentierten eine moderne „Second Sight“-Routine mit Live-Vorhersagen und einer Magic-Square-Finale, die emotional aufgeladen war – inklusive Enthüllung des Namens einer verstorbenen Mutter. Tim Ellis zeigte sich begeistert vom Publikumsfeedback. Graig Mitchell kritisierte jedoch das „Gypsy“-Rahmenthema mit Tamburinen und Akzenten als überstilisiert und ablenkend.
Lucasi Brandes(Deutschland) präsentierte eine eigenwillige Nummer, die Elemente aus Mime, Kontaktjonglage und Theater vereinte. Die Inszenierung begann mit einem blackout-artigen Effekt: weiße Bälle verschwanden im Dunkel, einer fiel von der Decke und leitete eine Sequenz aus Körperarbeit und Ballmanipulation ein.
Graig Mitchell zeigte sich skeptisch: Der Kavalierssprung von einer Bühnenseite zur anderen – mittels Body-Double – wirkte wenig magisch, sondern eher wie ein physischer Gag. Die finale Balllawine von der Decke sollte dramatisch wirken, wirkte aber laut Mitchell mehr wie ein Überfall aus Styropor. Tim Ellis konnte zur Performance leider keine Wertung abgeben, da sie parallel zur überzogenen Close-up-Gala lief. Die Meinungen zum Act gingen auseinander – stilistisch ambitioniert, technisch jedoch nicht durchgehend überzeugend.
Stage / Comedy
Magic Maxl (Deutschland) brachte das Haus zum Beben: Mit einer überzeichneten Liebesgeschichte, Pyroeffekten, einem Rubik’s Cube, der in einer Jonglierkeule wieder auftauchte, und einem schwebenden Finale war Maxl sowohl technisch als auch dramaturgisch eine Wucht. Ellis sprach von „exzellentem Timing“, Mitchell nannte ihn „einen Publikumsliebling mit echter Bühnenpräsenz“.
Parlour Magic
Klaus Wiedermann (Österreich) verband Steuerrecht, Tennis und Magie – eine absurde, aber funktionierende Mischung. Produzierte Tennisbälle, Münzen und Kartentechnik untermalten eine humorvolle Rede über Karriereentscheidungen. Laut Mitchell ein „magischer Tradeshow-Talk, wie er im Buche steht“.
Der Eduard & Die Queen (Österreich) zeigten eine Krimi-Parodie mit Vorhersagezeitung, Hut mit Täter-Namen und überzeichnetem Schauspiel. Der Plot: Ein Verbrechen wird vorhergesagt, bevor es passiert. Ellis bemängelte das pantomimisch überladene Spiel, Mitchell fand es „zu komödiantisch für FISM“.
Close-up Magic
Markus Billner (Deutschland) verband filmisches Storytelling mit Münzmagie. Ein Kurzfilm versetzte das Publikum in die 1920er, ein mysteriöses Zauberglas führte zu einer schön choreografierten Münzsequenz. Die lapping-Technik war nicht durchgängig sauber, dennoch: starke Publikumsresonanz.
Toby Rudolph (Deutschland) brachte mit „Cards Against Magicians“ ein frisches Konzept: Zuschauerfragen wie „Kannst du meine Gedanken lesen?“ wurden zur Grundlage einer Öl-und-Wasser-Routine. Ellis und Mitchell zeigten sich gleichermaßen begeistert: kreativ, pointiert, sympathisch.
Manuel Muerte (Deutschland) brachte Chaos und Kreativität: Rocky, das Frettchen, fand Karten, spießte eine auf seinem Schwanz auf und zog dem Zauberer die Haare aus – die dann eingefroren in einem Glas Orangensaft landeten. Großes Theater, aber aus Sicht von Mitchell „nicht auf dem Niveau früherer FISM-Auftritte“.
Close-up / Kartenmagie
Christian Brandes (Deutschland) drehte die Rollen um: Die Zuschauerin wurde zur Zauberin, während er assistierte. Karten erschienen auf dem Stuhl, ein Origami-Hase sprang über den Tisch – eine unterhaltsame Meta-Darbietung mit Charme.
Tom Merten (Deutschland) überzeugte mit visuell starken Verwandlungen, einem Daumengag mit Riesenrequisite und der Einbindung von ChatGPT. Ellis lobte besonders die finale Kartenverwandlung im überdimensionalen Daumen – eine clevere Idee mit großem Lacherfolg.
Tino Plaz (Schweiz) gestaltete eine poetische Reise durch das Thema Erinnerung. Eine signierte Karte wurde zerrissen, verschwand, tauchte als Rauch im Marmeladeglas wieder auf. Beide Kritiker zeigten sich begeistert: technisch raffiniert, emotional berührend, stilvoll inszeniert.
FISM Wertung: 2. Platz Kartenmagie
Close-up / Comedy
Omini & Nico (Schweiz) starteten den letzten Wettbewerbstag mit einer pandemischen Schwammball-Komödie. Thermometer verschwinden, Tests mutieren, Schwammbälle verbreiten sich – ein cleveres, temporeiches Duo, das das Publikum hervorragend abholte.

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