FISM Turin 2025 Tagesbericht Samstag Finale

FISM Turin 2025 – Samstag, Tag 6

Nach vielen intensiven Tagen sind wir am Ende angekommen.

Mein Tag beginnt mit der Siegerehrung um 11 Uhr. Dennis Behr erhält verdient den Max Maven Award for History & Research für das Conjuring Archive. In Micro Magic gewinnt Ibuki (Japan) mit einer Matrix-Routine, die mithilfe von aufgenähten Knöpfen an seiner Kleidung und Matte durchgeführt wird – ein Favorit, auf den viele gesetzt hatten. Die Schweiz holt einen geteilten zweiten Platz in Kartenmagie – ein erster Platz wurde in dieser Sparte nicht vergeben, was angesichts mehrerer starker Beiträge durchaus überrascht.
Morten Christiansen gewinnt den ersten Preis in Parlour Magic mit einer humorvollen Nummer, in der er Vorhersagekarten scheinbar von überall hervorzaubert. Er hatte bereits in Quebec den ersten Platz in Comedy gewonnen – mit einer Nummer, die stilistisch verwandt ist. Michael Bloemeke (USA) erhält den Preis für den innovativsten Close-up-Act – mit einer originellen und witzigen „Cups & Balls“-Routine, die er mit Greifarmen präsentiert. Großartig und verdient.
Lucas Kaminski (Deutschland) gewinnt mit seiner poetischen Seifenblasennummer den Preis für den „Most Original Stage Act“. In der Kategorie Invention werden gleich sieben Preise vergeben – das wirkt übertrieben. Einer der Preisträger hatte das Publikum mit seiner „Innovation“ im Bereich Mentalmagie zuvor in den Dämmerschlaf versetzt, bevor das rote Licht anging.

Dann folgt General Magic – die mit Abstand wettbewerbsintensivste Kategorie. Der Gewinner ist wie immer ein heißer Kandidat für den Grand Prix. Calista (Frankreich) erreicht mit einem dramaturgisch guten Act zum Thema Alter und Zeitreise Platz drei, Nikolai Striebel (Deutschland) landet mit seinem poetischen Papierflieger-Act auf Platz zwei. Ganz oben: Lea Kyle mit ihrem temporeichen, perfekt choreografierten Quick-Change-Act – langanhaltende und verdiente Ovationen. Viele hätten auch Calistas Nummer gerne noch einmal in der Gala gesehen.

In Mentalmagie gewinnen Mind2Mind (UK) souverän mit einer schnell und laut eigenen Aussagen analog performten Zwei-Personen-Telepathie. In Comedy Magic holt Artem Shchukin mit seiner Rollkoffer-Nummer den zweiten Platz – ein erster Platz wurde nicht vergeben, was viele überrascht. Zahlreiche Zuschauer hatten sowohl Magic Maxl als auch Artem auf dem Siegertreppchen erwartet. Dass es in dieser Kategorie keine Punkte für einen ersten Platz gab, sorgt für Unverständnis. Artem ist gut genug für Platz 1, die Begründung der Jury wäre interessant.

Auch in der Sparte Illusion bleibt der erste Platz unbesetzt. Der dritte Platz geht an Mag Edgard mit einer sehr visuell gestalteten Zirkusnummer mit Elfen. In der Manipulation – einer traditionell besonders starken Kategorie – setzt sich Francesco Della Bona (Italien) durch. Dass Winston Fuenmayor (Venezuela) leer ausgeht, überrascht viele.

Das Team des Magischen Zirkels von Deutschland hätte sich wohl mehr Titel erhofft. Aber so ist es nun mal in einem künstlerischen Wettbewerb – vieles bleibt subjektiv. Und bei dieser Dichte an exzellenten Nummern wird das Feld von FISM zu FISM enger.

Am Nachmittag finden noch einige Lectures statt, unter anderem von Mac King, Mario Lopez und Yann Frisch. Mac Kings Gedanken zum Umgang mit Zuschauern sind praxisnah und klug, das verwundert angesichts seines Erfolgs nicht. Es entsteht eine spontane Diskussion mit seinem Freund David Williamson, der – wie man gestern erneut gesehen hat – im Umgang mit Publikum gelegentlich einen anderen Weg geht. Mac King macht klar, warum er das so nie tun würde, auch wenn er manchmal auch ein wenig frech ist. Die Lecture der Quick-Change-Künstler Sos & Victoria ist gut besucht. Dank Lea Kyle ist das Thema wieder stark im Trend.

Die Grand-Prix-Gala wird souverän von Topas moderiert – leider sind nur fünf Acts zu sehen, da in mehreren Kategorien kein erster Platz vergeben wurde. Das ist wirklich schade. Es gab so viele herausragende Darbietungen, die man dem Gala-Publikum hätte zeigen können – zumal kaum jemand alle Wettbewerbsblöcke vollständig gesehen hat. Warum nicht auch einige der zweitplatzierten Acts präsentieren?

Ibuki gewinnt den Grand Prix im Close-up und setzt sich mit einer packenden Performance gegen Morten Christiansen durch. Bei den Bühnenacts begeistern alle drei Finalisten – am meisten jedoch Lea Kyle und Francesco Della Bona. Letzterer überzeugt mit punktgenauer, reduzierter Manipulation von wenigen Bällen und Karten, mit vielen Timestop- und Schwebeeffekten – technisch präzise, stilistisch zurückgenommen, räumlich weit hinten auf der Bühne (tricktechnische Gründe?). Und er holt den Grand Prix des Bühnenbewerbs nach Italien. Die Chance auf den ersten Grand Prix für eine Frau – sie wäre greifbar nahe gewesen. Doch sie bleibt ungenutzt.

Persönlich hätte ich mir an diesem Abend eine etwas vollere Gala gewünscht. Dass ausgerechnet in der Kartenmagie kein erster Platz vergeben wird, wenn hier die besten Kartenkünstler der Welt antreten, lässt bei mir persönlich Zweifel am Regelwerk aufkommen. Und es bedeutet für das Gala-Publikum, dass einige der stärksten Acts mancher Sparten, die mit Standing Ovations im Bewerb gefeiert wurden, überhaupt nicht zu sehen sind. Schade – eine verpasste Chance.

Das war’s. Zeit für Abschied bei einem Bier. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die FISM deutlich von Blackpool: Afterpartys gibt es kaum, denn der typische FISM-Besucher ist nicht wegen der Barzauberei hier – sondern wegen Wettbewerben und Lectures. Und es ist eine große Familie, die alle drei Jahre von Land zu Land zieht. Viele kennen sich von anderen Ausgaben der FISM – und viele werden sich erst in Busan wiedersehen.

Zeit für ein Resümee:
Der Kongress von Walter Rolfo und seinem Masters of Magic-Team war gut organisiert. Der Veranstaltungsort – trotz Zeltlösung – zweckmäßig, das Team sehr engagiert, der Zeitplan gut eingehalten. Aber war es wirklich die beste FISM aller Zeiten?

Das Staraufgebot – insbesondere die vielen ehemaligen FISM-Gewinner – war zweifellos beeindruckend. Allerdings litten manche Shows unter einem gewissen Overbooking – insbesondere durch italienische Acts, die nicht alle Erwartungen erfüllen konnten. Entscheidend wäre weniger Quantität als mehr Dramaturgie und klare inhaltliche Priorisierung gewesen. In dieser Hinsicht war Quebec klar überlegen: Die Shows und Zeremonien dort waren insgesamt kreativer, stringenter und künstlerisch besser inszeniert.

Nichtsdestotrotz: Die Besucher verlassen Italien mit guten Erinnerungen. Kein Vergleich zur schlecht rezensierten FISM in Rimini 2015. Für eine Gesamtbewertung spielt letztlich die Erwartungshaltung eine große Rolle. „Einer der herausragenden Kongresse“ wäre wohl realistischer gewesen als „der beste Kongress aller Zeiten“. Wer Letzteres ankündigt, lädt förmlich dazu ein, nach dem Haar in der Suppe zu suchen. Und diese Erwartung lässt sich kaum erfüllen. Vielleicht liegt es daran, dass der Veranstalter Masters of Magic im Fernsehmarketing verankert ist, wo gern mit Superlativen geworben wird.

1 Kommentar zu "FISM Turin 2025 Tagesbericht Samstag Finale"

  1. Pierre Castell | 20. Juli 2025 um 6:36 | Antworten

    Kann man den Act mit Magic Maxl irgendwo – am liebsten ungeschnitten – sehen?
    Würde mich sehr freuen, wenn mir jemand – vielleicht auch er selbst – weiterhelfen könnte. Ich bewundere seinen erfolgreichen Weg, der in dieser Art einmalig sein dürfte. Toll, dass Magic Maxl so liebe unterstützende Eltern hat! Grandios, was die Familie Schmalhofer da geschafft hat.

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