Braucht es heute noch Aufnahmeprüfungen in Zauberzirkeln?
Ein Streitgespräch mit Augenzwinkern – über Tradition, Qualität und offene Türen
In Österreich sind rund 20 Zaubervereine aktiv – viele davon mit Tradition, Struktur und… Aufnahmeprüfung. Wer offiziell in den Zirkel aufgenommen werden möchte, muss häufig eine theoretische Prüfung ablegen und einen eigenen Zauberact präsentieren. Die Regelungen sind lokal in den Vereinen in den Statuten verankert. Einem Jahr als Gast, in dem man sich kennenlernt, folgt nach einem Jahr eine Aufnahmsprüfung.
Doch in einer Zeit, in der Magie auf TikTok, Instagram & Co. millionenfach verbreitet wird, Geheimnisse für jeden zugänglich sind und wird sich Zauberkünstler:innen global vernetzen, stellt sich eine brisante Frage:
Ist eine formale Aufnahmeprüfung heute noch zeitgemäß – oder ein überholtes Relikt aus der guten Alten Zeit?
😇 Engel:
„Die Aufnahmeprüfung ist kein Relikt aus alter Zeit, sondern ein Zeichen von Respekt. Wer beitreten will, sollte etwas leisten – Technik, Präsenz, Ethik. Das schützt die Kunst vor Beliebigkeit. Eine Prüfung schafft Niveau, Gemeinschaft und Stolz.“
😈 Teufel:
„Respekt klingt gut, ist aber oft bloß Fassade. Viele Prüfungen bestehen aus veraltetem Wissen und standardisierten Fragen. Wirklich kreative Talente haben heute andere Wege – sie erreichen ihr Publikum direkt. Die Likes sind der Applaus, nicht der Mitgliedsausweis.“
ENGEL: Eine Aufnahmeprüfung motiviert den Nachwuchs, sich intensiv mit der Kunst auseinanderzusetzen. Wer sich vorbereitet, entwickelt Routinen, präsentiert sich, stellt sich der Bühne. Das ist doch nichts Elitäres – sondern ein Lernweg.
TEUFEL: Klingt in der Theorie gut. In der Praxis aber schreckt ihr Leute ab, bevor sie überhaupt wissen, ob das Vereinsleben etwas für sie ist. Wer sich heute selbst etwas beibringt – per Tutorial, Open Stage, Insta-Reel – braucht doch keine offizielle Prüfung, um Magier zu sein. Der Applaus entscheidet.
ENGEL: Aber genau das ist das Problem. Ohne gemeinsame Grundlagen, ohne ein Mindestmaß an handwerklichem Können, ohne Ethik – wird Zauberei beliebig. Die Prüfung ist auch eine Schutzmaßnahme: vor Nachlässigkeit, Geheimnisverrat und YouTube-Trickhopping.
TEUFEL: Und trotzdem sieht man in vielen Clubs gepflegte Mittelmäßigkeit. Eine bestandene Prüfung garantiert keine Bühnenqualität. Mancher brillanter Entertainer würde durchfallen, weil er keine Lust hat, Begriffspaare auswendig zu lernen. Andere bestehen – und langweilen danach auf Vereinsabenden zehn Jahre lang mit denselben drei Tricks. Und Geheimnisse sind doch inzwischen überall frei verfügbar!
ENGEL: Prüfungen sind nicht perfekt – aber sie setzen ein klares Zeichen: Ich nehme die Zauberkunst ernst. Und das schafft Verbindlichkeit. Außerdem: Wer durchfällt, darf’s nochmal versuchen. Niemand wird ausgeschlossen – nur herausgefordert.
TEUFEL: Herausforderung ist gut. Aber nicht jede*r braucht euren Segen. Magie lebt längst außerhalb eurer Strukturen. Viele großartige Künstler:innen sind nie Mitglied geworden – und haben trotzdem Shows, Tourneen, Standing Ovations. Das ist die neue Realität: Das Publikum ist die echte Prüfung.
💬 Fazit: Zwischen Anspruch und Anschluss
Beide Stimmen haben Gewicht. Ja, eine fundierte Aufnahmeprüfung kann hilfreich sein, wenn sie fördert, nicht abschreckt – und Raum lässt für Vielfalt. Gleichzeitig muss man sich fragen, ob starre Formate wirklich noch die beste Antwort auf eine Zauberwelt sind, die sich rasant verändert.
Denn eines ist sicher:
Zauberkunst lebt nicht durch Mitgliedsausweise, sondern durch Menschen, die sie mit Leidenschaft betreiben.
Wie siehst du das?
Hast du eine Aufnahmeprüfung erlebt – als wertvolle Etappe oder unnötiges Hindernis?
Oder sie bewusst umgangen? Brauchen wir noch eine Aufnahmsprüfung oder hast du andere Ideen dazu?
Schreib und doch deine Ideen und Gedanken!
Wir setzten die Diskussion weiter fort! Sie können auch die Kommentarfunktion in diesem Blog verwenden oder uns einfach per Mail schreiben. hanno.rhomberg@mra.at✨
Bild KI generiert!
Auch ich bezeichne mich als «Freizeitzauberer» und auch ich beschäftige mich mit der Zauberkunst ebenfalls nur als Hobby.
Die Frage einer Aufnahmeprüfung beschäftigt mich bereits seit über vierzig Jahren.
1978 bin ich auf die Zauberkunst/Zauberei aufmerksam geworden.
Das Interesse am Thema hat mich mein ganzes Leben lang begleitet. Aus unterschiedlichen Gründen gab es Phasen an denen das Interesse etwas in den Hintergrund gerückt ist, aber grundsätzlich hat mich das Thema immer fasziniert.
Regelmässige Besuche von Veranstaltungen mit Zauberkunst oder Auftritten von Zauberkünstlern (Profis und Amateure) gehören seit dieser Zeit ebenfalls dazu.
Durch meinen Beruf und die damit verbundenen unregelmässigen Arbeitszeiten war es für mich unmöglich an regelmässigen Treffen teilzunehmen (Verein, Sport, Freunde usw.).
Trotzdem konnte ich in dieser langen Zeit immer wieder Kontakte zu ebenfalls zauberinteressierten Menschen knüpfen.
Ich denke es wäre für jeden Zauberclub eine Bereicherung, die Türen auch für diejenigen zu öffnen, die aus diversen Gründen keine Aufnahmeprüfung absolvieren wollen oder können.
Als ich 1978 begann, mich für die Zauberkunst zu interessieren, war es wegen dem Thema Geheimnisverrat sehr wohl nachvollziehbar den Zugang dazu kontrollieren zu wollen. Mit der Einführung des Internets sind diese Ängste und Bedenken aber kaum mehr zu rechtfertigen.
Zum Schluss noch eine Anmerkung zum Artikel von Hanno (Interview Engel/Teufel).
Ich bin zur Überzeugung gelangt, dass es viele zauberinteressierte Menschen gibt die ihr Zauber-Glück nicht auf der (grossen oder kleinen) Bühne sehen um dort Geld und Bewunderung zu ernten. Manchmal ist es einfach das Interesse am Thema, an der Materie, das im persönlichen Austausch miteinander für alle ein Gewinn und eine Bereicherung sein kann. Ich vermute es gibt sehr viele interessante Menschen die «nur» im privaten Bereich, mit kleinem Publikum vorführen. Ehrlich gesagt habe ich nie ganz verstanden warum man in den Zauberclubs fast immer davon ausgeht, dass jeder zauberinteressierte Mensch auf die Bühne will.
„Ich bin zur Überzeugung gelangt, dass es viele zauberinteressierte Menschen gibt die ihr Zauber-Glück nicht auf der (grossen oder kleinen) Bühne sehen um dort Geld und Bewunderung zu ernten!“
Zauberkünstler, die ihre Darbietungen nur zeigen, um Bewunderung für sich selbst zu ernten (egal ob auf großen oder kleinen Bühnen oder nur im privaten Kreis), haben meiner Meinung nach den Sinn der Zauberkunst nicht erkannt. Unter ihnen gibt es leider massenhaft Darsteller, die „Zauberei“ nicht dazu einsetzen, Zuschauern eine gute Zeit zu geben und ihnen ein Erlebnis zu bieten, sondern sich nach dem Motto „Schau mal was ich kann, was du nichts kannst“ zu profilieren. Diese Art von aufdringlichen und oft von Minderwertigkeitskomplexen geplagten Leute findet man leider massenhaft z. B. im Netz.
William, DEINE Einstellung und die Art wie Du sie auslebst sowie Deine Ansichten zu Aufnahmeprüfungen gefallen mir sehr gut!
Beste Grüße
Pierre Castell
Ich bin „Freizeitzauberer“ und mache das mehr als Hobby. Bisher hab ich nicht den Schritt in einen Zirkel unternommen, weil mir einfach die Zeit fehlt für regelmässige Treffen und ähnlichen. Trotzdem fasziniert mich das Thema.
Eine Aufnahmeprüfung die Fakten abfragt, wie war der Name von Houdini oder ähnlichen, würde ich in der heutigen Zeit unpassend finden. Klar ist „Geschichte“ immer ein wichtiger Bestandteil. Aber es sollte Wert drauf gelegt werden, das man sich mit anderen austauschen kann. Daher sollten Begriffe und Techniken wie Palmieren und ähnliches im Vordergrund stehen.
Was den praktischen Teil angeht: Ich bin nicht jemand, der immer die „drei gleichen Tricks“ vorführen möchte in meinem Bekanntenkreis (was mein übliches Publikum darstellt). Ich stelle an mich selbst die Herausforderung, jedesmal was Neues zu zeigen. Seit Anfang des Jahres hab ich mit ein paar Arbeitskollegen, die auch zauberinteressiert sind, abgesprochen, dass es jeden Monat einen „Trick des Monats“ gibt – dadurch hab ich die Motivation, was Neues zu üben und vorzuführen.
Fazit: Eine Aufnahmeprüfung macht Sinn, wenn es das Miteinander erleichtert. Aber Motivation und Qualität wird dadurch nicht gewährleistet.