Flying – Geschmacksfragen

Amüsiert las ich in einem Newsletter eine Diskussion darüber, ob nun Flying von den Ehrlich Brothers oder Copperfield besser wäre. Es ist doch interessant, dass wir Zauberer wohl eine der wenigen Kunstrichtungen sind, wo es besonders wichtig ist wer nun besser ist. Wir brauchen Medaillen und Urkunden, um uns zu profilieren. Wer ist der Beste? 
In meinen Augen ist der absolute Schwachsinn. Es wäre genauso wie wenn Musikfreunde darüber diskutieren ob nun Beethoven, Mozart oder vielleicht doch Bach besser wären. Oder ob die Interpretation eines Quartetts besser wäre wie das orchestrale Musikstück. 
Man sollte nicht Dinge vergleichen die gar nicht vergleichbar sind. Über Geschmack kann man sprechen, aber der ist so individuell, dass man darüber nicht diskutieren kann.

Mit Flying habe ich mich einmal in einem Artikel im Aladin sehr lange auseinandergesetzt. Durch die persönliche Bekanntschaft mit John Gaughan der für Copperfield sein Flying konzipiert hat, war ich unmittelbar mit dem Effekt in der Werkstatt von John befasst. Diese Faszination hat mich motiviert, der Geschichte des Schwebens auf der Bühne näher zu untersuchen. Ich habe mich mit einem der wohl profiliertesten Spezialisten zum Thema Schweben in seinem Proberaum getroffen (Peter Marvey) und habe das Flying der Ehrlich Brothers mehrfach bewundert. Welches Flying ist besser, welches besser konzipiert?
Letztendlich sind das Geschmacksfragen, über die man nicht diskutieren kann. Zudem sind sie abhängig vom Ort wo sie präsentiert werden.
Allein schon das Flying von Copperfield ist nicht absolut beurteilter. Es kommt immer auf die Location an.
Als ich das erste Mal sein Flying im Münchner Theater von Reihe 11 aus in dem kleinen Saal sah war ich verzaubert. Der Effekt war neu und die Inszenierung unglaublich. Als ich in der nächsten Tour sein Flying wieder sah (Dortmunder Westfalen Halle) kam kein Zauber mehr auf, es war unpersönlich und die Inszenierung für eine Halle dieser Größe nicht geeignet.  In Las Vegas war es wieder ein ganz anderes Erlebnis.

Wenn die Ehrlich Brothers heute ihr Flying in riesigen Hallen spielen ist es für diese Veranstaltungsorte perfekt inszeniert, die Laien und auch Fachleuten sind berührt. Gegenüber Copperfield Flying in den großen Hallen ein großer Fortschritt. Im intimen Rahmen wird mir Copperfields Flying aber immer im Gedächtnis bleiben und eine Gänsehaut erzeugen. 

Peter Marvey  aus der Schweiz hat mit Flying auch seinen Traum verwirklicht, hat zahlreiche Methoden und Varianten entwickelt die erstaunen. Hat eine sehr persönliche Geschichte darum aufgebaut. Wenn er im Magic House abhebt, dann staunt das Publikum und hört rasch auf nach irgendwelchen Kabeln zu suchen. Denn er schwebt, auch auf dieser sehr kleinen Bühne. Wenn er auf großen Bühnen spielt, dann passt er sein Flying an. Er dürfte wohl der Fachmann zum Thema Bühnenschweben sein.

Wer ist also besser? Warum stellt sich man sich die Frage überhaupt? Jeder hat seinen persönlichen Favoriten, teils nostalgisch verklärt, teils einem ganz speziellen Vorführungsort geschuldet. 
Schön, dass das Leben nicht stehen bleibt, dass wir uns weiterentwickeln und dass es Künstler gibt, die diese wundervolle Illusion für jeden Vorführort anpassen können.
Schweben ist ein emotionales Erlebnis, wenn es perfekt präsentiert wird. Sei es auf der größten Bühne oder unmittelbar vor den Augen des Publikums.