Finale: Tag 3 Blackpool: Highlights, Zirkus und Fazit

Die Augen brennen, der Mund trocken…. Jetzt begreife ich, woher das Wort „Morgengrauen“ kommt. Andreas und ich gehen ins Hive, ein Frühstückslokal mit einem tollen Frühstück und einer noch herzlicheren Bedienung. Was hier in Blackpool auffällt, ist, dass die Menschen sehr freundlich und herzlich sind. Und das ist doch eine Qualität, die ich bei uns manchmal vermisse.
Und schon geht’s ins Seminar von Ikeda Yosuke einem Mathematikprofessor aus Japan, der für seine Puzzles und optischen Täuschungen bekannt ist. Er präsentiert zuerst eine sehr optisch ansprechende pantomimische Nummer mit starken visuellen und optischen (Geräusche) Reizen. Danach spricht er über seine Konzepte und die Umsetzung seiner Philosophie. Ein großartiges Seminar eine sehr interessante Persönlichkeit.

Der Kinderzauberladen für Erwachsene:
Dann geht’s das erste Mal in die Händlermesse. Zauberkünstler wissen was einem dort erwartet. Zaubererfindungen, Produkte, Bücher, Marketingtools und vieles mehr bieten auf dem weltgrößten Kongress über 180 Händler an. Es ist wie Weihnachten und Geburtstag gleichzeitig. Von jung bis alt stehen die Zauberer wie kleine Kinder und bestaunen die neuesten Wunder. Über Details möchte ich hier nicht sprechen, das bleibt unseren Lesern der Fachzeitschrift vorbehalten, aber für alle Nichtzauberer muss ich das kurz erklären. Zauberkunst kann man nicht kaufen, Die Meinung, dass man durch Geld zum Zauberkünstler wird ist Unsinn. Jeder der einmal einen Zauberkasten besessen hat weiß das. Es ist nicht das Geheimnis, sondern die Persönlichkeit des Künstlers sein Publikum zu unterhalten. Vorführen bedeutet üben und intensive Beschäftigung mit der Kunst der Täuschung.
Requisiten sind Hilfsmittel dies zu erreichen. Nicht mehr und nicht weniger.
Man kann das uralte Spiel mit den Bechern (Becherspiel) mit gratis Cola Becher genau so unterhaltsam vorführen wie mit einem Becherspiel aus Sterling Silber von Sheridan um 4.000,– Euro. Den Unterschied macht einzig und allein die Präsentation.
Zauberrequisiten sind oft Spielzeug für uns Zauberer, wenige finden den Weg in professionelle Programme. Es ist wie beim Auto. Sie können von Wien nach Berlin mit einer Citroen Ente oder mit einem Ferrari fahren. Das Resultat ist dasselbe.

Steve Spill Seminar:
Steve Spill ist ein Urgestein der Zauberkunst. Aufgewachsen im Magic Castle, wo sein Vater als Manager gearbeitet hat. Er kam als Kind schon in Kontakt zu den weltbesten Zauberkünstlern. Dai Vernon, Charly Miller und viele anderen waren seine Lehrer. Er entwickelte sich bald zu einem ausgezeichneten Close-up Künstler, später wendete er sich der Comedy zu und entwickelte sein eigenes Comedy Programm. Was wenige wissen, die heute populäre Methode einen Geldschein in eine Zitrone zu zaubern stammen von ihm. Andere haben auf der Idee aufgebaut und fast unverändert die Routine gestohlen und publiziert. Die gedankenlesende Gans ist ein von ihm entwickelter Effekt.
In Santa Monica bei Los Angeles hatte er viele Jahre ein großes Zaubertheater wo er regelmäßig mit seiner Frau, einer gelernten Schauspielerin eine faszinierende Show vorführte. Berühmtheiten der Hollywood Szene waren alle bei ihm zu Gast.

Ich hatte das Vergnügen ihn 2017 zu besuchen und eine Vorstellung genießen. Er ist ein toller Mensch und zeigte mit seinem Theater mit allem, was dazu gehört. Resultat war, dass er das Titelbild des Aladins schmückte.
Vor der Pandemie verkaufte er das Theater und zog nach Hawaii, wo er heute das halbe Jahr lebt, die andere Hälfte in Santa Monica.
Das Seminar war gut besucht, er zeigte einen Effekt mit Tattoos, erzählte aus seinem Leben und erzählte, was den Erfolg ausmacht. Sein Wissen hat er in 4 Büchern publiziert, die ich nur jedem empfehlen kann. Kenner der Zauberkunst umlagerten anschließend den Künstlern, denn sie wussten welche Legende hier vor Ihnen stand. Im Aladin ist übrigens eine Routine publiziert, wo er erklärte wie er Richard Brandson (Virgin Airlines) auf einer exklusiven Privatparty verblüffte, zu der er extra eingeflogen wurde.
Es war eine große Freude ihn hier wieder zu treffen. Im Aladin werden wir in diesem Jahr noch mehr von ihm hören! Bleiben Sie neugierig!

Der Kopf brummt, langsam merke ich, dass ich nicht mehr für Zauberei empfänglich bin. Ich möchte mich nicht von einer Kunst, die ich liebe, überschwemmen lassen. Es geht nicht darum den Rekord der meistgesehenen Seminare zu brechen. Wenn man beim Buffet im Restaurant satt ist, dann hört man auf, auch wenn es Leute gibt, die ihre Teller anhäufen und sie dann nicht verdauen können.

Es ist Zeit für einen Szenewechsel. Um 16:00 geht’s in einen der ältesten Zirkusse der Welt. Den Blackpool Tower Circus, gegründet vor 125 Jahren, der in einem wunderschönen Zirkusbau präsentiert wird. Zwischen Familien mit Kindern aus Blackpool sitze ich mit meinen 67 Jahren mit strahlenden Augen und werde verzaubert. Großartige Artisten, wundervolle Atmosphäre, in einem fantastischen Ambiente. Mit Popcorn und Cola bewaffnet vergehen die 2 Stunden wie im Flug. Der Höhepunkt: Die Zirkusarena wird mit Wasser überflutet und die Szenen spielen sich zum Finale im Wasser ab. Was für ein Finale.

Ein Höhepunkt für mich! Und ich ahne nicht, dass um 19:00 der emotionale Kongresshöhepunkt auf mich wartet. Steve Valentine – Live & Other Deceptions
Steve Valentine tritt in der Arena mit seinem Bühnenprogramm auf, in der er sein Leben mit seiner Geliebten der Zauberkunst erzählt. Die Begeisterung, die Herausforderung die Trennung, um sich schließlich wieder zu finden und neu zu verlieben. Eine so persönliche Geschichte, dass ich gerührt war und feuchte Augen bekam. Dargeboten von einem professionellen Schauspieler, der in vielen Filmen aufgetreten ist und sein Handwerk versteht.
Es war fantastisch!


Man spürte jeden Moment seine Leidenschaft und den Respekt vor der Zauberkunst. Das wohl professionellste Zusammenspiel zwischen Künstler, Videoeinspielung und Musik. Perfekt!! Dazu noch beindruckende Zauberkunst, die seine Geschichte begleitete.
Für Zauberer, die sich nur oberflächlich mit Zauberei beschäftigen, können diese Geschichte vielleicht nicht nachvollziehen. Da mache ich niemanden einen Vorwurf. Aber wer vor Publikum auftritt, muss das gepackt haben.

Steve Valentine hat übrigens mit dem Projekt „Magic on the go“ ein wundervolles Onlineprojekt das zwar nicht ganz kostengünstig ist, aber jeden Cent wert ist. Ich bespreche es und den Künstler im Aladin der im Juni erscheinen wird. Wir vereinbarten eine Kooperation für unsere Leser!

Jetzt hätte man im Prinzip schlafen gehen sollen. Was sollte das noch toppen, würde die Abschluss Gala nicht eher alle Gefühle wieder verwässern?

Die Abschluss Gala
Die Geschmäcker sind verschieden. Nach der Gala gab es einige die dies für den Höhepunkt des Kongresses hielten, andere weniger. Gut, dass es verschiedene Geschäker gibt.
Es war eine gute Gala mit einigen Höhepunkten, aber auch – für mich auch – einigen Teilen, die mich nicht berührten. Die Moderation war wieder ein Veteran Mell Mellers der mit typisch englischen Kommentaren das Publikum unterhielt und sich über Zuschauer – ohne verletzend zu sein – lustig machte. Ein Konzept das sich durch viele Moderationen in England zieht. Einmal ist gut, aber für mich muss der Moderator den Teppich für den Künstler legen und sich nicht selbst in den Mittelpunkt spielen. Denn über die Vorführenden erfuhr man von ihm nichts, einen davon konnte er nicht einmal aussprechen.
Meine persönlichen Höhepunkte: Die spanische Bauchrednerin Celia Munoz, die Schwester des fantastischen Miguel Munioz mit seiner Wasser Jonglage, überzeugte mit einer Seance
wo sie eine berühmte Opernsängerin wieder zum Leben erweckte. Tolle Vorstellung, grandiose Gesangsstimme, Kein Wunder Celia Munoz ist ausgebildete Opernsängerin, die auch in Österreich Gesang studiert hat und Österreich, Wien und Salzburg liebt, wie sie mir erzählte. Spanien hat wirklich eindrucksvolle Künstler. Aber vielleicht ist das auch der Grund, warum ich mich schon so auf den Fröhlich Zauberkongress 2024 mit seinem spanischen Schwerpunkt freue! Ich bin dabei, Sie auch? Wenn nicht, dann müssen sie mir privat schreiben, damit ich noch eines der Einzeltickets für unerwartet Gäste aktivieren kann. Aber bald ist das auch vorbei.

Was mir an den großen Galas am Freitag, Samstag und Sonntag gefehlt hat, war ein Finale. Es mag Produktionen geben, wo es besser ist, so etwas nicht zu tun, aber ich fand es teilweise schade, dass nach dem letzten Act das Licht anging und es so abrupt zu Ende war, ohne dass man sich bei den Künstlern noch einmal bedanken konnte.

Traurig auch das Ende der Sonntagsgala, wo man den Ehrengast kurz auf die Bühne im Rollstuhl schob, um ihn dann wieder diskret verschwinden zu lassen. Lieblos und respektlos. Aber auch das ist eine Geschmacksfrage!

Fröhlich Zauberkongress und seine Vernetzungen
Apropos Fröhlich Zauberkongress. Für 2024 ist alles unter Dach und Fach, da geht nichts mehr. Auch wenn ich hier von vielen bekannten Künstlern Anfragen erhalten habe, die nach Bad Aussee kommen möchten. Der Ruf in Künstlerkreisen über unser Land und den Kongress ist sehr gut. Als Veranstalter freut mich das.
Ich konnte in Blackpool sehr interessante Gespräche über mögliche Länderschwerpunkte für 2026 führen. Ja sie lesen richtig: Wir planen schon für den nächsten Kongress. Projekte dieser Größenordnung benötigen eine lange Vorlaufzeit.
Mit Verantwortlichen in Südamerika, Südkorea, Skandinavien und England konnte ich interessante Gespräche führen und die richtigen Ansprechpartner finden. Die Entscheidung werden wir beim Fröhlich Zauberkongress 2024 bekannt geben. Ab diesem Zeitpunkt kann man auch fix buchen und sich erstmals in der Vorverkaufsphase seinen Sitzplatz selbst aussuchen!

Das Fazit:
Ich habe von 10.-14. Februar 2025 wieder ein Zimmer in Blackpool gebucht. Ich werde wieder dabei sein. Wenn man seine Ansprüche an Unterkünfte herunterschraubt und die Zauberkunst im Mittelpunkt stellt, gibt es wohl keinen Kongress mit einem vergleichbaren Preis/Nutzen Angebot. Und dass, obwohl ich dafür privat bezahlen und nicht, wie bei den meisten Kongressanbietern eingeladen bin, da ich darüber intensiv berichte und die Veranstalter mit Werbung unterstütze. Denn – um die Nerven der MRA-Mitglieder zu beruhigen – für den MRA fallen dafür nie Kosten an, die trage ich selbst.
Die Batterien sind wieder aufgeladen, Kreativität und Motivation gestärkt und es bleibt ein ungläubiges Staunen, wie und wohin sich die Zauberkunst entwickelt. Positiv, aber auch negativ. Es bleibt auch Demut vor großen Künstlern, die diese Bezeichnung wirklich verdienen und die große Zahl der vielen Selbstdarsteller in unserer Zauberwelt demaskieren.
Es ist wie in der Musik. Nicht jeder der gerne singt muss wie Netrebko oder Adele singen. Und vor allem er sollte es nicht vorgeben.
Blackpool 2025 wir sehen uns hoffentlich wieder!